Heute ist ein besonderer Tag, der Tag der Kinderhospizarbeit. Vermutlich hörst Du zum ersten Mal davon und das ist einerseits auch gut so. Denn es bedeutet, dass Du nicht zu den 50.000 Familien in Deutschland gehörst, die ein Kind mit lebensverkürzender Erkrankung hat.
Andererseits ist es wichtig, auf die betroffenen Familien und ihr Schicksal aufmerksam zu machen. Deshalb geht es heute mal nicht um Teamentwicklung, sondern um mein anderes Herzensprojekt.
„Warum beschäftigt Ihr Euch mit so einem Thema?“
Seit mein Mann Karsten und ich 2014 angefangen haben, tiefer in die Arbeit von ambulanten und stationären Kinderhospizdiensten einzutauchen wurden wir immer wieder gefragt: Warum beschäftigt Ihr Euch mit diesem so schwierigen Thema, wenn Ihr doch selbst nicht betroffen seid?
Die Antwort darauf ist eigentlich ganz einfach:
Wir sind Eltern von 3 Kindern. Sie sind gesund zur Welt gekommen, Gott sei dank. Durch die Gespräche mit den betroffenen Familien ist uns einmal mehr bewusst geworden: das ist weder selbstverständlich noch ein Garant, dass das auch so bleibt. Es kann jede und jeden treffen, auch später noch. Und dann ist es gut, wenn es Menschen gibt, die in diesen Zeiten da sind und wissen, was man als Familie durchmacht.
Ein Großteil der Arbeit kann nur durch Ehrenamt und Spenden geleistet werden
Was wir auch gelernt haben ist, dass nach wie vor ein großer Teil der Arbeit durch Ehrenamt und Spenden finanziert werden muss. Und dass es neben den kranken Kindern auch im Umfeld viele Menschen gibt, die in dieser besonderen Lebenssituation Unterstützung brauchen. Da sind neben den Eltern die Geschwisterkinder, die oft zurückstecken müssen, selbst keine „normale“ Kindheit erleben und mit ihren Geschwistern leiden. Da sind Großeltern, andere Verwandte und Freunde der kranken Kinder, die Trost suchen und eine Antwort auf die Frage, wie sie mit der Situation, dem Kind und seinen Eltern am besten umgehen.
Es gibt unfassbar viele Menschen, die die Familien ehrenamtlich bei genau diesen Herausforderungen unterstützen. Die wenigen hauptamtlich Beschäftigten koordinieren, organisieren, klären auf, unterstützen die Familien dabei, die bürokratischen Hürden zu meistern. Oft am Rande ihrer Kräfte.
Ein Buch als Start einer großartigen Reise
Es bleibt wenig Zeit, um Spenden zu sammeln, um mehr öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen. Zudem ist es kein Thema, was sich für Party-Smalltalk eignet. Also haben wir überlegt, wie wir unterstützen können und mit Familien und vielen Haupt- und Ehrenamtlichen gesprochen. Wir haben Fragen gesammelt. Fragen, die sich die betroffenen Kinder oder auch Geschwister zum Thema Tod und Sterben stellen. 2017 ist dann unser 1. Buch „Die Grasbeisserbande – das Sterben wieder ins Leben holen“ erschienen. Es ist eine Sammlung aus diesen inspirierenden und berührenden Fragen. Die Bilder dazu haben Kinder aus einem Kindergarten in Südafrika gemalt.
Dass das Buch ein so großer Erfolg werden würde, und für uns der Beginn einer ganz besonderen Reise, haben wir damals nicht gedacht. Mittlerweile ist die 3. Auflage erschienen, erstmals auch in englischer Sprache. Eine zufällige Begegnung mit Dr. Angelina Whalley, Kuratorin von KÖRPERWELTEN, hat dazu geführt, dass bereits mehr als 100.000 Besucher die Bilder und Fragen in einer Wanderausstellung sehen konnten. Darunter viele Schulklassen, denn das Buch wurde offiziell als pädagogisches Lehrmaterial empfohlen.
Mit „Das erste Mal und die Schmetterlinge“ ist 2020 ein zweites Buch entstanden, in dem wir die Eindrücke unseres ersten Kinderhospiz-Besuches teilen. Tja, und auf einmal hatten wir einen richtigen kleinen Verlag, den wir Zeitwertverlag getauft haben. Denn dieses Projekt hat uns gezeigt, wie wertvoll unsere Lebenszeit ist und dass es wichtig ist, diese kostbare Zeit so wertvoll wie möglich zu gestalten.
Im letzten Jahr schließlich haben wir zusammen mit Familie Pabst & Dittmar die Geschichte ihres Sohnes Malte als Kinderbuch „Wie sich die Freunde kennenlernen“ verlegt. Das Buch ist im Besonderen der Unterstützung krebskranker Kinder gewidmet. Es ist am 10. Dezember, dem Worldwide Candle Lightning Day erschienen.
Gemeinsam statt einsam
Die Möglichkeit, mit Erlösen aus den Büchern und Spenden aus den Ausstellungen direkt finanzielle Unterstützung leisten zu können, ist natürlich toll. Die Wahl, wie genau das Geld eingesetzt wird, überlassen wir dabei stets den Menschen, die jeden Tag mit den Familien arbeiten. Sie wissen am besten, wo es am dringendsten gebraucht wird.
Was aber im Laufe der Zeit scheinbar viel wichtiger geworden ist, ist die Kraft, die die Bücher und Ausstellungen in der Öffentlichkeit entfalten. Das zumindest ist das Feedback, das wir immer wieder bekommen und über das wir uns unglaublich freuen. Martin Gierse, Geschäftsführer vom Deutschen Kinderhospizverein e.V. hat es einmal so formuliert: „Die Grasbeisserbande ermöglicht Menschen außerhalb des betroffenen Kreises einen niederschwelligen Zugang zu unseren oft angstbesetzten Themen.“
Die eigene Endlichkeit als Chance für das Leben
Wir beschäftigen uns natürlich lieber mit dem Leben, als mit dem Sterben. Aber der Blick auf die Endlichkeit, auch unsere eigene, rückt die Dinge des Alltags in ein anderes Licht. Lässt uns an Entscheidungen anders herangehen, Lebenszeit bewusster gestalten.
Durch die Arbeit mit der Grasbeisserbande sind auch unsere Kinder früh mit dem Thema Sterben in Kontakt gekommen. Die Gespräche, die wir als Familie über die Fragen der Kinder geführt haben, haben uns für immer geprägt. Meine Familie und ich sind jeden Tag dankbar, dass uns dieses wunderbare Projekt gefunden hat.
Wenn Du mehr erfahren möchtest, habe ich Dir hier eine Liste von Links zusammengestellt:
Die Bücher:
Die Grasbeisserbande (DE)
Die Grasbeisserbande (EN)
Mein erstes Mal und die Schmetterlinge
Wie sich die Freunde kennenlernen